“Der eigentliche Wendepunkt in diesem Leben Gottes ist das Abtun seiner einzelnen Existenz als dieses Menschen, die Passionsgeschichte, das Leiden am Kreuz, die Schädelstätte des Geistes, die Pein des Todes. Insofern es hier nun im Inhalte selbst liegt, daß sich die äußerliche, leibliche Erscheinung, das unmittelbare Daseyn als Individuum, im Schmerz seiner Negativität als das Negative zeige, damit der Geist durch die Aufopferung des Sinnlichen und der subjektiven Einzelheit zu seiner Wahrheit und zu seinem Himmel gelange, so trennt sich diese Sphäre der Darstellung am meisten von dem klassischen plastischen Ideal ab. Einerseits nämlich ist zwar der irdische Leib und die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur überhaupt dadurch gehoben und geehrt, daß Gott selber es ist, der in ihr erscheint, andererseits aber ist es gerade dies Menschliche und Leibliche, das als negativ gesetzt wird und in seinem Schmerz zur Erscheinung kommt, während es im klassischen Ideal die ungestörte Harmonie mit dem Geistigen und Substantiellen nicht verliert. Christus gegeißelt, mit der Dornenkrone, das Kreuz zum Richtplatz tragend, ans Kreuz geheftet, in der Qual eines martervollen, langsamen Todes hinsterbend, läßt sich in den Formen der griechischen Schönheit nicht darstellen, sondern in diesen Situationen ist das Höhere die Heiligkeit in sich, die Tiefe des Inneren, die Unendlichkeit des Schmerzes, als ewiges Moment des Geistes, die Duldung und göttliche Ruhe.” >>>
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