Der entwendete Brief Edgar Allan Poe
Nil sapientiae odiosius acumine nimio (Seneca) *
Ich war im Jahre 18.. in Paris und erfreute mich an einem dunklen, stürmischen Herbstabend mit meinem Freunde August Dupin in dessen kleinem Bibliothek- oder Studierzimmer des doppelten Genusses einer Meerschaumpfeife und beschaulichen Nachdenkens. Seit wenigstens einer Stunde waren wir in tiefes Schweigen versunken, und jeder zufällige Beobachter hätte geglaubt, daß wir uns angelegentlichst und ausschließlich mit den Rauchwolken beschäftigten, die das ganze Zimmer einhüllten. Ich erwog jedoch in Gedanken noch einige Punkte der Unterredung, die ich zu Anfang des Abends mit meinem Freunde gehabt und welche sich auf die Begebenheiten in der Rue Morgue und auf den geheimnisvollen Mord der Marie Rogêt bezogen hatte. Ich mußte es deshalb für ein sonderbares Zusammentreffen halten, daß, als sich die Tür unseres Zimmers öffnete, unser alter Bekannter, Herr G., der Pariser Polizeipräfekt, eintrat.
Wir begrüßten ihn auf das herzlichste; denn wenn der Mann auch manche verächtlichen Eigenschaften besaß, so war er doch sehr unterhaltend, und wir hatten ihn sehr lange nicht gesehen. Da wir bis jetzt im Dunkeln gesessen hatten, erhob sich Dupin, um eine Lampe anzuzünden, doch setzte er sich sogleich wieder, als G. sagte, er sei gekommen, um uns um Rat zu fragen oder vielmehr die Meinung meines Freundes über ein Amtsgeschäft einzuholen, das ihm schon große Unruhe bereitet habe.
»Wenn es sich um einen Fall handelt, der Nachdenken erfordert«, warf Dupin ein und hielt mit dem Anzünden inne, »so ist es besser, wir prüfen ihn im Dunkeln.«
»Das ist wieder eine Ihrer Sonderbarkeiten«, sagte der Präfekt, der geneigt war, alles, was über sein Begriffsvermögen hinausging, ›sonderbar‹ zu nennen und daher mitten in einer unendlichen Schar von ›Sonderbarkeiten‹ lebte.
»Sehr richtig«, antwortete Dupin, während er den Gast mit einer Pfeife versorgte und einen bequemen Sessel für ihn heranschob.
»Um was für Schwierigkeiten handelt es sich denn wieder?« fragte ich. »Doch nicht um eine neue Mordsache?«
»0 nein, um nichts Derartiges. Eigentlich liegt der Fall sehr einfach, und ich zweifle nicht im geringsten, daß wir auch allein mit ihm fertig werden. Aber ich dachte mir, Dupin würde gern Näheres über die Sache erfahren, weil sie so außerordentlich ›sonderbar‹ ist.«
»Einfach und sonderbar!« sagte Dupin.
»Allerdings, und doch ist dieser Ausdruck noch nicht exakt genug. Der Fall hat uns alle vollständig verblüfft, denn, so einfach er ist, es weiß doch keiner von uns recht aus noch ein.« »Vielleicht ist es gerade die Einfachheit, welche Sie auf die falsche Fährte leitet«, meinte mein Freund.
»Wie kann man nur solchen Unsinn reden!« antwortete der Präfekt und lachte herzlich.
»Vielleicht ist das Geheimnis zu leicht zu durchschauen«, sagte Dupin.
»Du lieber Himmel, hat man je so was gehört?«
»Vielleicht ist die ganze Sache zu durchsichtig.«
»Ha! Ha! Ha! - Ho! Ho! Ho!« lachte unser Gast vor Vergnügen laut auf. »Dupin, ich werde noch mal an Ihren Witzen sterben.«
»Um was handelt es sich denn eigentlich?« fragte ich.
»Das sollen Sie gleich hören«, antwortete der Präfekt, blies eine dicke, beschauliche Rauchwolke von sich und lehnte sich bequem in seinen Sessel zurück. »Ich will es Ihnen in ein paar Worten sagen; doch muß ich vorausschicken, daß meine Angelegenheit die größte Diskretion erfordert. Ich könnte meine Stellung einbüßen, wenn es bekannt würde, daß ich die Sache irgend jemandem anvertraut hätte.«
»Nur weiter«, sagte ich.
»Oder auch nicht«, sagte Dupin.
»Nun gut also. Ich habe persönlich von höchster Stelle die Nachricht erhalten, daß aus den königlichen Gemächern ein äußerst wichtiges Dokument entwendet worden ist. Die Person, die es sich angeeignet hat, ist bekannt; daß man sie ungerecht verdächtigt, ist ausgeschlossen, denn man hat sie bei der Tat beobachtet. Man weiß ebenfalls, daß sich das Schriftstück noch in ihrem Besitz befindet.«
»Woher weiß man das?« fragte Dupin.
»Man schließt es mit absoluter Gewißheit aus der Natur des Dokumentes«, erwiderte der Präfekt, »sowie auch aus der Tatsache, daß sich gewisse Resultate noch nicht ergeben haben, die sofort zutage treten würden, wenn es aus dem Besitz des Diebes in andere Hände überginge,- das heißt, wenn er es zu dem Zweck verwendete, zu dem allein er es gestohlen haben kann.«
»Werden Sie doch ein wenig deutlicher«, sagte ich.
»Gut, dann will ich so weit gehen und noch verraten, daß dies Papier seinem Besitzer eine gewisse Macht verleiht, und zwar in einer Sache, in der diese Macht von unermeßlichem Wert ist.« Der Präfekt liebte es, sich in diplomatischen Redewendungen zu bewegen.
»Ich verstehe noch immer nicht recht«, sagte Dupin.
»So? Nun, wenn man das Dokument einer dritten Person, deren Namen ich verschweigen will, übergeben würde, wäre die Ehre einer anderen, sehr hochstehenden Person kompromittiert, und diese Tatsache gibt dem Inhaber des Schriftstückes eine Gewalt über die erlauchte Person, deren Ehre und deren Friede auf diese Weise in steter Gefahr schwebt.«
»Aber diese Gewalt«, warf ich ein, »könnte doch nur ausgeübt werden, wenn der Dieb wüßte, daß der Bestohlene um seinen Diebstahl weiß. Wer aber würde wagen ... «
»Der Dieb«, sagte G., »ist der Minister D., der alles wagt, ohne sich Skrupel zu machen, ob seine Handlungen eines Mannes würdig sind oder nicht. Er ging bei seinem Diebstahl ebenso scharfsinnig wie kühn zu Werke. Das fragliche Dokument - um es frei herauszusagen: den Brief also - hatte die bestohlene Person erhalten, als sie sich im königlichen Boudoir allein befand. Während des Lesens wurde sie durch den Eintritt der anderen erlauchten Persönlichkeit, vor der sie ihn gerade sorgfältig verbergen wollte, unterbrochen; nach einem eiligen und vergeblichen Versuch, ihn in einer Schublade zu verbergen, war sie gezwungen, ihn offen, wie er war, auf dem Tisch liegen zu lassen. Die Seite mit der Adresse war nach oben gekehrt, und so kam es, daß der Brief, von dessen Inhalt nichts zu sehen war, weiter nicht bemerkt wurde. Nach diesem kleinen Zwischenfall tritt der Minister D. ein. Sein Luchsauge bemerkt das Papier, erkennt die Handschrift der Adresse, beobachtet die Verwirrung der Person, an die der Brief gerichtet war, und durchschaut das Geheimnis sofort. Nach einigen geschäftlichen Erörterungen, die er in seiner bekannten Art herunterhaspelt, zieht er einen Brief von ungefähr gleichem Aussehen wie dem in Frage stehenden aus dem Portefeuille, öffnet ihn, tut, als ob er ihn läse, und legt ihn dann dicht neben jenen hin. Dann redet er wieder etwa eine Viertelstunde lang über Staatsgeschäfte. Als er sich schließlich verabschiedet, nimmt er statt seines eigenen den Brief vom Tisch, der ihm nicht gehört. Der rechtmäßige Eigentümer sah es, wagte jedoch natürlicherweise nicht, darauf aufmerksam zu machen, da jene dritte Person, vor der er das Schreiben verbergen mußte, dicht neben ihm stand. Der Minister verließ das Gemach, sein eigener, durchaus unwichtiger Brief blieb auf dem Tisch zurück.«
»Hier haben Sie also«, wandte sich Dupin zu mir, »einen Fall, in dem der Dieb die Gewalt, von der wir eben redeten, in vollstem Maße besitzt: Er weiß, daß der Bestohlene von seiner Tat unterrichtet ist.«
Ja«, erwiderte der Präfekt, »und die also erlangte Gewalt ist während der letzten Monate in gefährlichem Umfange zu politischen Zwecken angewendet worden. Die bestohlene Person überzeugt sich von Tag zu Tag mehr von der Notwendigkeit, den Brief zurückzuerlangen. Doch kann das natürlich nicht offen geschehen. Jetzt hat sie mir voller Verzweiflung die Sache übertragen.«
»Ich glaube, man hätte auch unmöglich einen scharfsinnigeren Vermittler finden können«, sagte Dupin aus einem ganzen Wirbelwind von Rauchwolken heraus.
»Sehr schmeichelhaft«, erwiderte der Präfekt, »aber es ist immerhin möglich, daß man diese Meinung tatsächlich von mir hat.«
»Es ist klar«, sagte ich, »daß der Brief, wie Sie bemerkten, noch im Besitz des Ministers ist; denn nur der Besitz und nicht die Anwendung des Briefes verleiht ihm seine schädliche Gewalt. Sobald er Gebrauch von dem Brief gemacht hat, ist die durch ihn erlangte Macht dahin.«
Das ist richtig«, sagte G., »und von dieser Überzeugung ging auch ich aus. Meine erste Sorge war, die Wohnung des Ministers vollständig durchsuchen zu lassen. Die Hauptschwierigkeit bei diesem Unternehmen bestand darin, daß es ohne sein Wissen geschehen mußte. Man warnte mich oft und dringend vor dem Unheil, das er anrichten würde, wenn er unseren Plan nur im geringsten ahnte.«
»Aber solche Nachsuchungen«, sagte ich, »sind doch gerade Ihr Feld. Die Pariser Polizei hat dergleichen doch schon oft vorgenommen.«
»0 gewiß! Und deshalb verzweifle ich auch nicht. Außerdem erleichterten mir die Lebensgewohnheiten des Ministers mein Vorhaben in hohem Grade. Er bleibt eine ganze Nacht von zuhause fort. Seine Dienerschaft ist durchaus nicht zahlreich. Ihre Schlafzimmer liegen ziemlich weit von den Räumen des Ministers entfernt, und da sie zumeist Neapolitaner sind, kann man sie leicht betrunken machen. Wie Sie wissen, habe ich Schlüssel, mit denen ich jedes Zimmer, jedes Kabinett in Paris öffnen kann. Seit drei Monaten ist wohl keine Nacht vergangen, in der ich nicht stundenlang in eigener Person die Wohnung des Ministers durchsucht hätte. Es handelt sich hier um meine Ehre und - nun verrate ich ein Geheimnis - um eine enorme Belohnung. Deshalb stellte ich die Nachsuchungen auch nicht eher ein, bis ich mich fest davon überzeugt hatte, daß der Dieb ein listigerer Mann sei als ich selbst. Ich darf mir das Zeugnis ausstellen, daß ich alle Ecken und Winkel, in denen man den winzigsten Papierfetzen hätte verbergen können, gründlichst durchforscht habe.«
»Aber ist es nicht möglich«, warf ich ein, »daß der Minister, obwohl zweifellos noch im Besitz des Briefes, diesen irgendwo anders als in seinem Haus verborgen hält?«
»Das ist nicht anzunehmen«, sagte Dupin. »Wie die Dinge bei Hofe und besonders die Intrigen, in die D. bekanntermaßen verwickelt ist, nun einmal liegen, ist es von größter Wichtigkeit, das Dokument jederzeit bei der Hand zu haben, um es jeden Augenblick vorzeigen zu können - ja dieser Punkt ist fast so wichtig wie der Besitz des Schriftstückes selbst.«
»Um es jeden Augenblick vorzeigen zu können?« wiederholte ich.
»Das heißt, zerstören zu können«, meinte Dupin.
»Jedenfalls«, bemerkte ich, »das Papier muß also in der Wohnung sein. Daß der Minister es nicht mit sich herumträgt, steht wohl außer Frage?«
»Vollständig«, sagte der Präfekt, »zweimal schon habe ich ihm, scheinbar von Straßenräubern auflauern und seine Person unter meinen Augen durchsuchen lassen.«
»Diese Mühe hätten Sie sich sparen können«, sagte Dupin. »D. ist doch nicht gerade ein Narr und war Ihres Auflauerns gewärtig.«
»Ein Narr ist er gerade nicht, aber ein Dichter«, meinte G., »und als solcher meiner Meinung nach von einem Narren nicht gar so verschieden.«
»Das stimmt«, sagte Dupin nach einem langen und nachdenklichen Zug aus seiner Meerschaumpfeife, »obwohl ich selbst manchen Knittelvers verbrochen habe.«
»Teilen Sie uns doch die näheren Umstände Ihrer Nachforschungen mit!« sagte ich.
»Nun also, wir nahmen uns Zeit und suchten überall. Ich habe in derlei Dingen eine lange Erfahrung. Ich nahm das ganze Gebäude vor, ein Zimmer nach dem anderen, und widmete jedem einzelnen die Nächte einer ganzen Woche. Zuerst durchsuchten wir die Möbel jedes Zimmers. Wir öffneten jedes erdenkliche Schubfach, und Sie können sich denken, daß für einen gut geschulten Polizisten kein Geheimfach oder sonstiges Versteck existiert. Jeder Mann, dem bei einer Haussuchung ein Geheimfach entgeht, ist ein Tölpel. Die Sache ist so einfach. Bei einem Schrank ist doch stets ein ganz genau bestimmter Umfang, ein bestimmter Raum in Betracht zu ziehen. Wir stellen die genauesten Berechnungen an. Nicht der fünfzigste Teil einer Linie könnte uns entgehen.
Nach den Schränken nahmen wir die Stühle vor. Die Polster wurden mit den langen, feinen Nadeln, die Sie wohl schon bei mir gesehen haben, untersucht. Von den Tischen hoben wir die Platten ab.«
»Wozu das?«
»Manchmal entfernt die Person, die einen Gegenstand verbergen will, die Platte des Tisches oder eines ähnlich gestalteten Gegenstandes, höhlt das Bein aus, legt den betreffenden Gegenstand in der Höhlung nieder und befestigt die Platte wieder. Die Bretter und Pfosten von Bettstellen werden auch oft zu ähnlichem gebraucht.«
»Aber könnte man eine solche Höhlung nicht durch Klopfen entdecken?« fragte ich.
»Absolut nicht, wenn man nach dem Hineinlegen des Gegenstandes die Aushöhlung mit Watte gefüllt hat. Überdies mußten wir in unserem Falle jedes Geräusch nach Möglichkeit vermeiden.« »Aber Sie konnten doch unmöglich alle die Möbel auseinandernehmen oder in Stücke zerbrechen, in denen man möglicherweise einen Brief hätte verstecken können. Ein solch kleines Schriftstück kann man so fest zusammenrollen, daß es in Gestalt und Umfang kaum von einer Stricknadel abweicht, und einen solchen Körper könnte man mit Bequemlichkeit zum Beispiel in die Leiste eines Stuhles einlegen. Sie werden doch nicht alle Stühle zerlegt haben?«
»Gewiß nicht! Aber wir machten es noch gründlicher, wir untersuchten die Leisten jedes Stuhles im Hause, ja, sogar die einzelnen Teile jeder Art von Möbel mit einem stark vergrößernden Mikroskop. Wären irgendwo die Spuren einer kurz zuvor geschehenen Abänderung sichtbar gewesen, so wäre es uns gewiß nicht entgangen. Ein einziges Körnchen Sägemehl zum Beispiel, das der Bohrer hätte zurücklassen können, wäre in der Größe eines Apfels sichtbar gewesen. Die geringste Ungenauigkeit bei dem erneuten Leimen, das unbedeutendste Klaffen in dem Gefüge hätte unfehlbar zur Entdeckung geführt.«
»Sie untersuchten natürlich auch die Spiegel, die Dielen, das Eßgeschirr und durchstöberten Betten, Bettzeug so gut wie auch Vorhänge und Teppiche?«
»Selbstverständlich, und als wir mit jedem Möbelteilchen fertig waren, untersuchten wir das Haus selbst. Wir teilten seine ganze Oberfläche in Abteilungen, die wir mit Zahlen bezeichneten, damit wir keine übergingen. Dann durchforschten wir jeden Quadratzoll des Hauses mit dem Mikroskop und untersuchten schließlich auch die beiden Nebenhäuser in derselben Weise.«
»Auch die beiden Nebenhäuser?« rief ich aus. »Welch unendliche Mühe müssen Sie gehabt haben!«
»Die hatten wir allerdings, aber die ausgesetzte Belohnung ist auch enorm.«
»Haben Sie auch den Grund und Boden der Häuser untersucht?«
»Der Boden war überall mit Ziegelsteinen gepflastert und machte uns verhältnismäßig wenig Mühe. Wir untersuchten das Moos zwischen den einzelnen Steinen und fanden es überall unberührt.«
»Sie durchforschten auch D.s Papiere und die Bücher seiner Bibliothek?«
»Gewiß! Wir öffneten jedes Päckchen, jedes Heftchen; wir begnügten uns nicht damit, nach der Art einiger Polizeibeamten, ein Buch einfach zu schütteln, sondern wendeten jedes Blatt in jedem Band um. Die Dicke eines jeden Buchdeckels maßen wir auf das genaueste ab und unterwarfen ihn der peinlichsten mikroskopischen Untersuchung. Es ist vollständig ausgeschlossen, daß einer der Einbände neuerdings aufgeschnitten und wieder zusammengefügt worden ist - diese Tatsache hätte uns auf keinen Fall entgehen können. Etwa fünf oder sechs Bände, die eben vom Buchbinder gekommen waren, durchsuchten wir sorgfältig mit unseren Nadeln.«
»Haben Sie auch den Fußboden unter den Teppichen durchforscht?«
»Aber selbstverständlich, wir nahmen jeden Teppich auf und untersuchten die Dielen mit dem Mikroskop.«
»Auch die Tapeten an den Wänden?«
»Ja.«
»Besichtigten Sie auch die Keller?«
»Ebenfalls.«
»Dann müssen Sie sich also verrechnet haben«, sagte ich, »und der Brief befindet sich nicht im Hause des Ministers.«
»Ich fürchte, Sie haben recht«, sagte der Präfekt. »Und nun, Dupin, was würden Sie mir raten, zu tun?«
»Noch einmal eine gründliche Haussuchung vorzunehmen.«
»Das ist vollständig nutzlos«, sagte G., »so gewiß ich weiß, daß ich lebe, so gewiß befindet sich der Brief nicht in dem Hause.«
»Einen besseren Rat kann ich Ihnen nicht geben«, sagte Dupin. »Sie haben doch gewiß eine genaue Beschreibung des Briefes?«
»0 gewiß!« Hier zog der Präfekt ein Notizbuch hervor und las uns eine ausführliche Beschreibung der inneren und vor allem der äußeren Beschaffenheit des Briefes vor. Als er damit fertig war, verabschiedete er sich so niedergeschlagen, wie ich den guten Mann noch nie gesehen hatte.
*[Nichts ist der Weisheit verhasster als zuviel Scharfsinn. - The epigraph "Nihil sapientiae odiosius acumine nimio" (Nothing is more hateful to wisdom than excessive cleverness) attributed by Poe to Seneca was not found in Seneca's known work. It is from Petrarch's treatise "De Remediis utriusque Fortunae". >>>
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